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Freitag, 22. Januar 2016

Der kleine Baum und die Gemeinschaft der Bäume


Der kleine Baum im Winter
Hier eine kleine Geschichte die ich vor einiger Zeit für meine Kinder schrieb. 
Wenn Du einmal in den Wald gehst oder zwei Bäume beisammen stehen siehst, wenn Du einen einzelnen Baum siehst, dann setze Dich für einen Moment zu ihnen und lausche auf sie, denn sie erzählen eine Geschichte. Eine uralte Geschichte, die heute schon über 2000 Jahre zurückliegt, aber immer noch sehr interessant und aktuell ist. Falls es Dir nicht möglich ist, dieses zu tun, weil Du gerade krank bist, in einem Hochhaus wohnst oder weit entfernt von einem Wald oder einem Baum, dann werde ich sie Dir jetzt erzählen.

Einst fragte sich die Gemeinschaft der Bäume:
Wer sind wir? Was sind wir? Wo stehen wir? Wie viele sind wir? Wo beginnt der Einzelne von uns? Wo endet der Einzelne von uns? Wo liegt der Sinn unseres Daseins?
Die Gemeinschaft berief einen Rat ein, der diese Fragen klären sollte. Aber nach Tagen, Wochen, Monaten und auch nach Jahren kam auch dieser zu keinem Entschluß, so dass der Rat nur sagen konnte: „All diese Fragen können auch von den Klügsten, Weisesten und Ältesten unter uns nicht beantwortet werden!“
Die Gemeinschaft der Bäume begann zu weinen und wehklagen. Dieses vernahm ein kleines, kümmerliches und von der Gemeinschaft stets übersehenes, verachtetes und ausgeschlossenes Bäumchen, es wunderte sich über diese Hilflosigkeit und Ratlosigkeit der großen Gemeinschaft der Bäume, zu Anfang als die Gemeinschaft diese Fragen gestellt hatte, hatte es über diese Fragen noch Schmunzeln müssen. Doch als die Jahre durchs Land zogen und auch die Weisesten der Gemeinschaft keine der Fragen beantworten konnte, bekam es nach und nach Mitleid mit den anderen. Als es dann das nicht enden wollende Wehklagen der Gemeinschaft hörte, wurde dieses Gefühlso heftig das es seinen ganzen Mut zusammenen und vor die Gemeinschaft trat. Es sprach: Wißt ihr, eure Fragen bedürfen eigentlich keiner weisen und klugen Köpfe, dann sie sind recht einfach, so dass sie jeder Einzelne von euch problemlos beantworten könnte. Vor lauter Gemeinschaft seht ihr die Antworten nur nicht.“

Der kleine Baum und die Gemeinschaft der Bäume

Die Gemeinschaft war entzürnt und aufgebracht, sie fühlten sich auf tödlichste beleidigt von den Worten und der Dreistigkeit dieses Außenseiters, desjenigen auf den ein jeder von ihnen herabsah und im besten Fall zu ignorieren pflegte. Der Oberste der Gemeinschaft sagte „Was erlaubst Du Dir so mit uns zu sprechen, Du Niemand? Wie kannst Du es wagen die Klügsten und Weisesten unter uns mit Deinen unverschämten Worten so zu beleidigen?“
Das arglose Bäumchen verstand nicht wo er beleidigt haben sollte. Er hatte doch nur die Wahrheit ausgesprochen, für ihn waren es einfach zu beantwortende Fragen. „Entschuldigt, wenn ich euch beleidigt haben sollte, dieses war wirklich nicht meine Absicht. Es war einfach nur die Wahrheit die ich sprach!“ Dieses brachte die Gemeinschaft noch mehr auf, es ging so weit das einige die Krone des kleinen Bäumchens forderten, andere wollten seine sofortige Abholzung, wieder andere forderten sein Umwandlung zu Brennholz. „Das ist also der Dank dafür das wir Dich all die Jahre so freundlich behandelt haben. Sieh Dich doch einmal an wie Du ausschaust, Du bist kärglich und kümmerlich, Du bist vollkommen anders als wir. Sieh uns an, wie stattlich wir sind! Du unverschämter Grünling, abholzen und verbrennen sollte man Dich!“ Das kleine Bäumchen begann zu lachen über diese Antwort „Pardon, aber nichts desto Trotz bin auch ich, wie auch ihr, ein Baum. Ja, als Feuerholz wäre ich sicherlich sehr gut geeignet, da ich nur sehr langsam in eurem Schatten wachsen konnte, aber desto härter wurde mein Holz und desto länger wird jeder einzelne Scheit von mir brennen und demjenigen der mich einst holzen wird, Wärme schenken!“ „Darüber machst Du Witze? Du findest es lustig geholzt und verbrannt zu werden? Du bist ja sogar noch merkwürdiger als wir je für möglich gehalten hätten! Kein normaler Baum wünscht sich geholzt und verbrannt zu werden! Kein Wunder das ein Niemand von uns je etwas mit Dir zu tun haben wollte oder Dir Beachtung schenkte!“ Das brachte das kleine Bäumchen nur noch mehr zum Lachen „Ja, da habt ihr wohl alle recht.Aber im Gegensatz zu euch, weiß ich die Antworten auf eure Fragen!“ Da verstummte die Gemeinschaft, jeder von ihnen hielt mitten in seinem Empörungsgeschrei und Wutgebrüll inne. Es herrschte Stille, absolute Stille, für einen Moment und dann brach erneut ein unisoner Sturm der Entrüstung, wie bereits zuvor, der Gemeinschaft los. Der kleine Baum dachte bei sich „Nein, sie wollen die Antworten gar nicht wissen, weil sie sich viel zu sehr vor ihr fürchten!“ Da sprach auch schon der oberste Baum der Gemeinschaft zu ihm:
„Wohlan, kleiner Kümmerling, wenn es denn so einfach und problemlos ist, warum sagst Du uns dann die Antwort denn nicht?“ und der Rest der Gemeinschaft brach in ein lautstarkes Gelächter aus. Einer rief „Ja, er soll es uns verraten!“ Der kleine Baum aber sagte „Meine Antwort wird euch nicht gefallen!“ Der weiseste und zeitgleich Älteste Baum aber sagte „Das werden wir dann sehen. Bitte verrate mir die Antwort auf die Fragen, auf die selbst ich keine Antwort habe!“ und nickte dem kleinen Baum aufmunternd zu. „Also dann,“ sprach der kleine Baum „dann will ich es Dir verraten!“ „Nein!“ schrie die Gemeinschaft der Bäume auf „Wir wollen auch die Antwort hören, wenn Du sie denn überhaupt weißt, Sonderling!“ und lachten ein böses Lachen.
„Ihr findet die Antworten nicht, weil ihr alle gleich seid. Ihr habt euch alle durch die gleiche Schablone pressen lassen, ihr lebt vollkommen angepaßt an die anderen euer Leben, weil ihr wißt das Anderssein mit Ausgrenzung und dem Rauswurf aus der Gemeinschaft bestraft wird. Wißt ihr, würdet ihr euch aber abgrenzen, von der Meinung der anderen unabhängig und frei machen. Wenn ihr vorgefertigte Denkweisen ablegen würdet und stattdessen selbst zu denken beginnt, wenn ihr andere so akzeptiert und toleriert wie sie eben sind. Wenn ihr euer Leben nach eurer eigenen Moral, Vorstellung und Einstellung zum Leben selbst leben würdet. Wenn ihr anderen Bäumen den Respekt den ihr ihnen als Bäume schuldet geben würdet, egal ob es z.B. eine Kastanie, Pappel, Tanne oder Eiche ist, egal welche sie Meinung auch immer sie vertreten mögen oder welches Leben sie zu leben pflegen. Wenn ihr erkennen würdet das euer Sinn in erster Linie darin besteht, euer Leben zu leben und nicht das der anderen. Wenn ihr aufhören würdet euch immer anzupassen und als Kopie eines anderen, des vermeintlich besseren, zu leben. Wenn jeder Einzelne in erster Linie für sich und seine Fehler die Verantwortung übernimmt, jeder die Verantwortung die er nicht nur für sich selbst trägt sondern auch den anderen gegenüber hat annimmt. Wenn ihr Mitleid mit einem anderen habt, auch andere zu wachsen erlaubt." Das Bäumchen machte eine kleine Pause, bevor es erneut und mit einer kräftigeren Stimme als je zuvor zu sprechen begann:
"Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, wer er ist. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, das er ein Baum ist. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, wo er steht. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, das er ein einzigartiges Individuum ist. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, wo er beginnt und wo der andere aufhört. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, wo der andere aufhört und wo er selbst anfängt. Dann, aber nur dann wird jeder Einzelne von euch wissen, was der Sinn seines Daseins ist." Das Bäumchen wurde von von dem Getuschelt der anderen Bäume unterbrochen, es holte erneut Luft und setzte mit einer leiseren und sanfteren Stimme fort, auf die sofort alle horchten:
 "Aber solange ihr viele seid, werdet ihr all diese Dinge niemals wissen oder erfahren. Denn sich selbst finden, leben und den Sinn seines Daseins ergründen, kann nur jeder für sich selbst. Keiner kann jedem Einzelnen dieses erklären, sondern jeder nur für sich selbst. Denn der andere ist der andere, aber nicht!“ das Bäumchen wies dabei mit seinen Ästen auf verschiedene Bäume „Du oder Du oder gar Du! Ihr habt in all den Jahren geglaubt, ich wäre meines Daseins leid und würde mich meiner schämen. Aber wißt ihr, ich war in all den Jahren glücklich und sehr dankbar dafür, das ich ich selbst bleiben konnte, das war mir nur möglich, weil ihr mich ignoriertet. Ich wollte nicht dazu gehören, weil ich sonst am Ende meine eigene Identität verloren hätte. Ja, ich bin euch wirklich sehr dankbar, dass ihr gehandelt habt, wie ihr handeltet, weil ich ich selbst bleiben konnte und durfte! Aber noch mehr danke ich demjenigen, der mich einst pflanzte und mir diesen Platz gab. Derjenige muß mich wirklich sehr geliebt haben, das er mir diesen ganz besonderen Platz auf der Welt gab. Ich glaube auch zu wissen wer derjenige ist. Es ist der den ich schon mein ganzes Leben kenne, der mich immer besucht, der stets auf die gleiche Weise zu mir spricht „Du bist mein liebster Baum, bei Dir bin ich sehr gerne,ich genieße Deine Nähe, denn Du bist mir immer schon eine besondere Freude gewesen. Es war richtig Dich genau hier zu pflanzen, abseits der endlosen Reihe gleicher Bäume, im Kreis gleicher Bäume, zu ihrer aller Mittelpunkt! Du bist es, der die Langeweile des ewigen Gleichen unterbricht. Ja, Du bist mir der liebste Schüler in meiner Baumschule! Nicht eingereiht unter ihnen, sondern in ihrer Mitte darum stets von allen mehr beachtet, als die die Teil der endlosen Reihe sind. Du bist perfekt, weil Du anders bist!“ Versteht also, es ist keine Schande oder ein Makel, wenn man nicht wie sein Nachbar oder wie der gesamte Wald in dem man steht ist! So wie jeder Einzelne ist, so ist er perfekt und gewollt!"

In der Gemeinschaft der Bäume herrschte ein betretenes Schweigen, konnte es womöglich sein, das dieses Bäumchen am Ende recht behielt? Waren sie so sehr darauf bedacht, es den anderen gleich und recht zu machen, das sie am Ende vergessen hatten, wer sie waren? Aber der Oberste der Bäume säte Zweifel unter den anderen Bäumen, indem er hinterfragte wieso der kleine Baum wohl sie an ihrer Weisheit würde teilhaben lassen, nachdem man ihn die vergangenen Jahre behandelt hatte so wie man ihn behandelt hatte, von dem jeder Baum insgeheim wusste das es Unrecht war, da keiner von ihnen so behandelt werden wollte. Einige mussten sich eingestehen, das sie nur mitgemacht hatten, um selbst nicht derjenige zu sein der so behandelt wurde. Und so fragten sie sich kurz darauf, ob es nicht einfach nur Blödsinn war was dieses Bäumchen von sich gab? Vielleicht wollte es sie auch einfach irreführen, aus Rache weil es anders war? Vielleicht tat es auch nur so und wäre vielleicht gerne Teil dieser Gemeinschaft und wollte Zwietracht unter ihnen säen? Vielleicht damit die Gemeinschaft zerbrach? Wahrscheinlich war es so, dass das Bäumchen es leid war allein zu sein, verspottet zu werden, ihm seine Fehler die er zweifelsohne besass aufgezeigt wurden, weil er war schließlich derjenige der sich absonderte, der alleine stand und nicht Teil ihrer großen starken Gemeinschaft war, die erhaben über allem stand. Stärke durch Einheit und Gleichheit, das war ihr Motto, aber es hieß nicht Stärke durch Individualität. Hatte das nicht einst sogar ein bedeutender Mensch gesagt, das eine einzelne Weizenähre schon im leichten Wind abknicken würde und nur in der Gemeinschaft, welche logischer Weise aus Einheit und Gleichheit bestehen musste, stark war und auch Stürmen widerstehen konnte? Nach und nach wurde die Gemeinschaft wütend, besonders auf das kleine Bäumchen, das ihnen vorgaukeln wollte, jeder könne nur für sich selbst herausfinden, wer er war, wo er stand, was der Sinn seines Daseins war. Dieser Baum hatte mit sie alle reingelegt, wo war sein Beweis? Er hatte keinen, konnte er sich allein befreien, wenn der Holzfäller kam? Man sollte vielleicht abwarten was geschehen würde, wenn der Holzfäller ihm zu Leibe rücken würde, ob er sich selbst und allein von der Axt befreien konnte oder ob derjenige der ihn gepflanzt hatte ihm zu Hilfe eilen würde? Das wäre der Beweis, bis dahin würde man ihm keinen Glauben schenken, nein, man sollte den Prozess beschleunigen und dafür sorgen das der Holzfäller eher gezwungen war dieses Bäumchen zu holzen. Dann könnte es beweisen, das es stimmte was das Bäumchen sagte, das dieser Kümmerling tatsächlich Liebling desjenigen war, der sie alle an ihren Platz gesetzt hatte. Es war nahezu ungebührlich, unerhört und eine große Lästerung, so etwas von sich zu behaupten. Hatte es jemals zuvor eine größere Lästerung gegeben? Und hatte man dafür nicht einst, für viel weniger schlimme Vergehen, Regeln aufgestellt an die sich alle zu halten hatten, ob sie nun Teil der Gemeinschaft waren oder auch nicht, spielte dabei keine Rolle.

Man beschloss über Nacht dem Bäumchen den Garaus zu machen, da es die Gesetze so verlangten und auch die Strafe war seit jener Zeit für ein weitaus geringeres Vergehen festgelegt worden: ABHOLZUNG nach vorherigem Entzug des zum Leben wichtigsten zwei Dinge die alle Bäume bedurften. Wie und wann dieses geschehen sollte, das wusste man bereits, indem man dafür sorgte das der kleine Baum kein Wasser mehr bekam, denn Wasser ist sehr wichtig für Bäume und für jedes Lebewesen auf Erden. Zudem durfte er ab sofort keine Sonne mehr bekommen, die Sonne ist sehr wichtig, nicht nur für Bäume sondern für das ganze Leben auf der Erde, auch wir Menschen können nicht auf die Sonne verzichten. Es würde sehr sehr kalt auf Erden werden, die Pflanzen die wir zu unser Essen verarbeiten, würden nicht mehr wachsen und wir würden am Ende entweder erfrieren oder verhungern.
Die Gemeinschaft rückte so nah an unseren kleinen Baum heran, mit dem Vorwand sie wären ihm dankbar und wollten ihn nah bei sich haben, so rutschten aber so nah das er keine Sonne mehr bekam und die Wurzeln der anderen Bäume alles Wasser tranken, so dass für ihn nichts mehr übrigblieb. Der kleine Baum wusste das die Gemeinschaft der Bäume seinen Tod wollte, aber er hoffte darauf das sie sich besinnen würden und die Wahrheit seiner Worte erkennen würden.
Nach und nach verdorrte das Bäumchen, einige Bäume fragten ihn, ob er seine Worte nicht noch einmal überdenken wollte, die einen taten es aus Mitleid, andere aus Dummheit, aber das Bäumchen sagte ganz schlicht "Nein! Wer die Wahrheit noch hören kann, der wird erkennen das kein Wort gelogen war" und behielt seine Meinung.
Als es nahezu dem Tod geweiht war, rückte die Gemeinschaft von ihm ab und gab den Blick auf ihn wieder frei. Das grün seiner Blätter war nur noch ein trauriges fades braun und seine Äste hatten sich stellenweise in grau verfärbt und Moos wuchs auf ihnen. Das Bäumchen beklagte sich nur ein einziges Mal, nachts als die anderen schliefen und ihn nicht hören konnten, indem er denjenigen bat der ihn einst als seinen liebsten Baum bezeichnet hatte „Bitte verschone mich, bitte lass mich nicht sterben, bitte hilf mir noch ein einziges Mal, wenn Du es für richtig erachtest. Aber wenn es nicht geht, dann sei es so wie es mir vorbestimmt war, als Du mich gepflanzt hast!“
Am nächsten Tag besah sich der vom Baumbesitzer gerufene Förster den Baum und dieser sagte nur „Seine Äste und seine Blätter sind tot, aber es steckt noch immer Leben in ihm. Mach mit ihm wie Du es meinst, ich habe darüber nicht zu bestimmen!“ Der Baumbesitzer überlegte hin und her, täglich starb das Bäumchen weiter bis er sich dazu entschied, den Baum vom Holzfäller fällen zu lassen.
Der Holzfäller kam und holzte den Baum, die Gemeinschaft der Bäume verhöhnten, verlachten und verspotteten ihn. Der Baum begehrte einmal auf und schrie „Wo bist Du, Du der mich gepflanzt hat, warum bist Du nicht hier sondern lässt mich in dieser Stunde allein? Warum läßt Du mich holzen und nicht die, die Schuld an meinem Zustand tragen?“ Das hörte die Gemeinschaft der Bäume natürlich, da unser kleines Bäumchen es laut geschrien hat, das sie es nicht überhören hatten können. Sie fragten ihn wieso er sich denn nicht vor dem Holzfäller schützen konnte, wieso er den Schlägen der Axt nicht ausweichen konnte, wo denn derjenige sei, der ihn zu etwas besonderen und besserem erklärt hatte, wieso dieser denn zuließ das er so gnadenlos geholzt wurde anstatt ihm zu helfen. Der oberste und zeitgleich von den anderen als der weiseste anerkannte Baum rief „Seht nur, er wollte uns helfen, aber sich selbst kann er nicht helfen. Merkt ihr es, er hat nur Lügen erzählt!“

Aber das Bäumchen sagte nichts, weder beschwerte es sich, noch schimpfte es und eine Antwort gab es zudem nicht. Das einzige das es sprach, war in dem Moment als der Holzfäller zum letzten Schlag mit der Axt ausholte: “Endlich ist es vorbei!“ im gleichen Moment schlug der Holzfäller mit seiner Axt, die in der Abendsonne wunderbar glänzte und alle ringsherum blendete, so dass sich die Gemeinschaft abwenden musste, ein allerletztes Mal zu. Dies war also das Ende des kleinen Bäumchen, gefällt von einer Axt, auf einer von der Abendsonne beschienen Wiese zu den Füssen der Gemeinschaft der Bäume zu liegen.

Viele Kinder kamen, weinten und beklagten sich bitterlich beim einstigen Pflanzer des Bäumchens. Sie hatten den kleinen Baum so furchtbar gern gehabt, er war ihr Spiel und Kletterbaum, er war der einzige Baum weit und breit gewesen, auf dem sie hatten klettern und spielen können. Denn im Gegensatz zu all den anderen Bäumen, war er klein aber dennoch waren seine Äste stark genug gewesen sie zu tragen, seine Äste waren für sie nah genug am Boden gewesen, das selbst der Kleinste unter ihnen an sie hatte heranreichen können. An Regentagen im Sommer hatten sie dennoch im Freien und wie stets spielen können, sein Blätterdach hatte sie stets geschützt. Es kamen Wanderer vorbei und betrauerten diesen Baum, denn auch sie hatten stets unter ihm Unterschlupf gesucht, wenn sie von einem Platzregen auf ihren Wanderungen überrascht wurden. An heißen Tagen hatten sie in seinem Schatten gerastet. Ein jeder war betrübt, denn der Baum war nicht nur demjenigen sehr wichtig gewesen, der ihn gepflanzt hatte, nicht dieser liebte ihn ganz besonders, sondern auch vielen vielen anderen war er wichtig gewesen und viele viele hatten ihn von Herzen geliebt. Einer unter ihnen, ging zum Baumbesitzer und bat darum ihn mitnehmen zu dürfen, er war Tischler und auf diesem Baum hatte er einst als Kind geklettert, wenn andere ihn gehänselt hatten. Der Baum hatte ihn beschützt und in seinen Ästen gewiegt, seine Blätter hatten ihn übers Gesicht gestrichen, oft genug hatten seine Äste ihm das Haar zerzaust und manchmal war es, als würde der Baum ihm ein Lied singen, wenn der Sommerwind durch sein Blätterwerk zog. Ja dieser Baum hatte ihn getröstet und er fand, dieser Baum sollte nicht wie irgendein Baum auf der Wiese liegenbleiben, zwischen all den Bäumen die niemals für irgendjemanden von Bedeutung waren, die niemanden in Erinnerung bleiben würden. Der Baumbesitzer sah die Trauer aber auch die Liebe des Mannes zu dem Baum, auch er selbst fühlte sich sehr unwohl und so erlaubte er dem Tischler ihn mitzunehmen, aber er stellte ihm eine einzige Bedingung. Der Tischler willigte ein und  nahm den Baum mit nach Hause und überlegte was er aus diesem Baum machen konnte, da er für viele etwas ganz besonderes gewesen war. Irgendetwas um an ihn zu erinnern, denn der Tischler wusste, nicht nur für ihn war der Baum etwas ganz besonderes. Und eines Nachts im Schlaf kam ihm die Idee.
Gleich am nächsten Tag machte er sich an die Arbeit. Er trennte die dünnen Ästchen von den dickeren. Die dickerern Äste legte er beiseite, trocknete sie und würde sich an sehr kalten Wintertagen an ihnen wärmen indem er sie nach und nach in seinem Ofen verbrennen würde. Aus dem Stamm aber formte er Bretter, diese wiederum schlug er mit Nägeln zusammen. Der Tischler betrachtete zufrieden sein Werk, ja es war vollkommen, wie einst der Baum vollkommen gewesen war. Er brachte sein Werk, wie er es mit dem Baumbesitzer vereinbart hatte, an den Platz wo einst der Baum gestanden hatte. Noch heute steht dieses Werk auf der Wiese. erinnert an den kleinen Baum, noch heute finden Wanderer Schutz und Obdach vor dem Regen und der Sonne. Noch heute spielen Kinder auf diesem Werk. Der kluge Tischler hat aus dem Baum eine Bank mit Dach gezimmert, nach Vorbild des kleinen Baumes. Ein anderer hat einen Plakette angebracht, auf der zu lesen steht „Dies war einst der König der Bäume, Freund der Kinder, der Alten, der Müden, der Schwachen der Liebenden, der Rastlosen, der Trost- und der Ruhesuchenden auf das er in den Herzen aller weiterleben möge und niemals in Vergessenheit gerate!“ 



Aber was geschah mit der Gemeinschaft der Bäume? Auch davon berichten die Bäume.
Über Nacht kam ein Sturm auf, denn es war Herbst, er riss allen Bäumen die Blätter von den Ästen, am nächsten Morgen sah die Gemeinschaft der Bäume, dass das kleine Bäumchen, welches sie bewusst getötet hatten, das der Baum recht behalten hatte. Vor lauter Gemeinschaft und Einheit, waren sie miteinander verwachsen, untrennbar. Die Äste des einen wuchsen in die Äste des anderen. Es gab keinen Anfang und kein Ende, da sie miteinander verwachsen waren, war es unmöglich zu erkennen wo der Einzelne anfinge und der andere aufhörte. An und für sich ist dieses bestimmt nicht schlecht, aber es birgt auch ein sehr großes Risiko. Der kleine Baum hatte also die Wahrheit gesagt. Sie wurden unwichtig, da sich nach dem Tod des kleinen Baumes, die Kinder die Wiese nicht mehr betraten und sich einen anderen Platz suchten, aber auch die Wanderer rasteten nicht mehr an dieser Stelle sondern suchten sich wie die Kinder einen anderen Platz. Man wandte sich von der Gemeinschaft der Bäume mehr und mehr ab, bis sie fast in Vergessenheit geritten. Bis zu dem Tag jedenfalls, als der Tischler die Bank aufstellte. 
Nach und nach wurden die Bäume gefällt, da sie zuviel Schatten warfen und die Wiese unter ihnen verdorrte und man fürchtete der kleine Baum oder viel mehr die Bank die man aus ihm gezimmert könnte zu Schaden kommen. Aber auch weil einige der Bäume erkrankten, die Krankheiten befielen natürlich immer gleich sehr viele Bäume, da es wie gesagt, kein Anfang und Ende gab. Als später dann einige im Rest der noch verbliebenen Gemeinschaft der Bäume morsch wurden, holzte man vorsichtshalber auch die noch Gesunden, da es keinen Anfang und kein Ende gab, sie alle gleich waren, die gleiche Krankheiten sie befallen hatte und man nicht den Gesunden vom Kranken unterscheiden konnte. So passierte es also das diese Bäume gefällt, aber ihr Holz als wertlos befunden wurde, weil sie noch nicht einmal zum verbrennen geeignet waren. Sie wurden geschreddert, viel von dem Schredderholz wurde durch starke Stürme wie in der Herbstzeit überall herrschen, in die ganze Welt verstreut und viel von dem Schredder wurde auch zu Füssen des kleinen Baumes der zu einer Bank mit Dach wurde, ausgebreitet.
Die Wiese aber wurde kurze Zeit nachdem die Bank mit Dach  aus dem Holz des kleinen Baumes aufgestellt wurde in eine Art Garten für jedermann umgewandelt wurde. Mit vielen verschiedenen, alten und neuen allein stehenden Bäumen, denn aus der Geschichte hatte man gelernt.
 

Ja so hat sich damals der größte Mordfall in der Geschichte der Bäume zugetragen, von dem auch heute noch die Bäume erzählen, wenn man sich die Mühe macht ihnen zuzuhören.
Aber sie sprechen nicht von Mord oder mit trauriger Stimme sondern fröhlich von der Aufopferung des Einen, der sich selbst hergab um die Welt der Bäume zu verändern. 
Nach seinem Vorbild fanden sich mehr und immer mehr Bäume, die allein für sich stehen, die sich auf die Suche nach sich selbst gemacht haben, die sich bewußt gegen die Gesetze und Vorschriften, welche einst die Gemeinschaft der Bäume aufgestellt hatte entschieden, sie verwarfe diese bis auf die ersten zehn die aus einer anderen Zeit stammten, als die Bäume noch Bäume waren. Aber dennoch stehen sie in einer sehr starken Gemeinschaft zueinander, diese ist sogar stärker als anderen die es zuvor gab. Es finden sich immer mehr Bäume, die nicht in Reihen sondern einzeln in einer großen Gemeinschaft stehen, man nennt sie dann Wald aber niemals Baumreihen wo einer bestimmt und die anderen seinem Vorbild folgen müssen. Jeder lässt dort dem anderen soviel Platz wie er zum Wachsen und Gedeihen braucht, hänselt ihn nicht, grenzt nicht aus oder ignoriert den anderen, nein ganz im Gegenteil, man lässt jedem seine Würde und seinen Stolz. Sie sind eine wirklich Gemeinschaft, weil jeder weiß das seine eigene Freiheit soweit reicht wo er an die Grenzen eines anderen stößt. Doch macht man es nicht so wie einst, das der Stärkere oder auch Größere dem anderen das Licht nimmt und damit die Grenzen des anderen überschreitet. Es gilt nicht mehr das Recht des Stärkeren, sondern die Starken sind den Schwachen eine Stütze. Das kann man bei Schneefall sehr gut beobachten, die großen und starken Bäume, beschirmen die kleinen und schwachen und passen auf, das ihnen nichts geschieht. Und so tragen sie dann mehr Lasten, weil sie wissen das die Kleinen und Schwachen unter der gleichen Last zerbrechen und zerstört werden würden, damit würde es dann keine Zukunft mehr für den Wald geben und die Gemeinschaft würde sich selbst damit zerstören. Jeder trägt die Last die er aufgrund seiner Größe tragen kann. Keiner wird unterfordert oder überfordert. Der Baum hat die Bäume vereint, diese Gemeinschaft ist eine wirkliche Gemeinschaft, die auch andere Gemeinschaften wie andere Bäume auf der Welt sie haben, toleriert, akzeptiert und respektiert.

Aber noch etwas ist auf dieser Welt geschehen.
Nach seinem Vorbild finden sich heute überall auf der ganzen Welt, Bänke am Straßenrand. Sein Tod war zugleich die Befreiung der Bäume, aber auch die Geburtsstunde der Bank am Wegesrand, welche dem Rastlosen, dem Wanderer, dem Müden, den Liebenden, den Alten, den Müden, den Schwachen, den Trost- und Ruhesuchenden, das gibt was ein jeder von ihnen braucht und ohne das die Welt nicht existieren könnte:



 „HOFFNUNG, TROST, RUHE UND LIEBE!"


Ja auch in der Welt der Bäume ist zur selben Zeit, fast die gleiche Geschichte geschehen, wie sie in der Welt der Menschen zu dieser Zeit in Jerusalem geschah. Nur das es kein Baum sondern ein Mann war. Nur das der Mann nicht Apfelbaum sondern Jesus hieß und die Gemeinschaft die sich aus seiner Geschichte bildete nicht Wald sondern Christentum heißt. Natürlich auch das zu seiner Erinnerung nicht Bänke sondern Kreuze am Wegesrand aufgestellt wurden. Wenn Du jetzt also eine Bank oder ein Kreuz am Wegesrand siehst, dann weißt Du immer, es ist zur Erinnerung an, damit Du es nicht vergisst. Damit Du weißt, es ist ganz egal wie jemand ausschaut, wie er lebt, ob er schön oder hässlich ist, was er hat oder nicht hat, das es darauf gar nicht ankommt. Damit Du nicht vergisst, das ein Mensch ein Mensch ist und jeder Mensch wichtig ist. Damit Du nicht vergißt, das kein Mensch wertvoller als ein anderer ist, das jeder Mensch Deinen Respekt verdient, da er genauso wie Du ist, auch wenn er anders aussieht, sich anders kleidet oder woanders lebt. Damit Du weißt Gott liebt alle Menschen, jeden auf seine Art und Weise, und nur der Mensch selbst wertet, ver- und beurteilt einen anderen Menschen, dabei hat er noch nicht einmal die Erlaubnis dazu. Wenn Gott dieses schon nicht macht, dann solltest Du es auch nicht machen, denn Du könntest damit am Ende wie einer der Bäume aus der Gemeinschaft der Bäume werden.
Damit Du weißt das Du einen anderen nicht ausgrenzen darfst, auch wenn alle andere es machen. Denn nur weil alle es machen, ist es nicht richtig. Du kannst die Welt verändern, indem Du einem anderen die Hand reichst und zu ihm stehst. Du bist wichtig, genau so wichtig wie jeder andere Mensch auch, egal was andere sagen oder denken mögen. Du wirst von vielen geliebt, Du machst vielen Freude, Du bist wichtig im Leben von vielen, auch wenn Du es nicht weißt, aber der kleine Baum wusste es auch nicht, das er für viele und nicht nur für den Baumpflanzer wichtig gewesen ist. Aber auch damit Du weißt, das ein anderer ebenso wichtig ist für viele andere, auch wenn man es nicht immer sofort sehen oder erkennen kann.


Lass Dir also niemals von irgendjemanden einreden, das es nicht so ist, auch oder ganz besonders von Dir selbst nicht. Denn ist nicht wahr sondern eine plumpe und eine ganz bösartige Lüge, die Du niemals glauben darfst, egal ob es Dich betrifft oder einen anderen, weil:

Jeder Mensch ist wichtig!

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